Interview: Dynamische Stahlpreisentwicklung

Für die Fertigung seiner Bauteile bezieht Solvaro von Zulieferern Stahl in unterschiedlichen Güteklassen und Zuschnitten. Dabei hat sich die dynamische Stahlpreisentwicklung in den letzten Jahren auch auf das Einkaufsverhalten ausgewirkt. Ilona Bálványossy, Leiterin der Taskforce Einkauf gibt Auskunft über die Entwicklungen und wie die „Solvaro Purchase Taskforce“ die Herausforderungen angeht.

 

Wie können Sie vor dem Hintergrund der starken Stahlpreisschwankungen gewährleisten, dass Solvaro dem Endkunden gegenüber weiterhin ein konstant hohes Preis-Leistungs-Verhältnis anbieten kann?

Wir beobachten den Stahlmarkt kontinuierlich und legen großen Wert darauf, Bestellungen zum optimalen Zeitpunkt und in der richtigen Menge auszulösen. Dabei leistet die Vertriebs- und SCM-Abteilung wertvolle Unterstützung und stellt uns einen präzisen Forecast der Kundenbestellungen zur Verfügung. Daraus ist ersichtlich, wie viele Teile jeder Kunde wann bestellt beziehungsweise abruft. Diese Information ist maßgeblich für den Zeitpunkt der Materialbestellung.

Solvaro bezieht Stahl und andere Metallprodukte als Standardcoils, Spaltbänder, Tafeln und weiteren Zuschnitten, das Produktspektrum reicht dabei von Tiefziehstählen wie DC01 – DC06 über diverse Edelstähle bis zu Aluminium. Bei welchem Produkt ist die Herausforderung aktuell am größten?

Die Herausforderung besteht darin, dass produktübergreifend sehr unterschiedliche Marktsituationen auftreten. Jedes der genannten Produkte war bereits von Preisschwankungen und Engpässen betroffen und kann davon auch zukünftig betroffen sein. Es hängt also immer von der Marktsituation ab, die manchmal hektisch ist. Für unsere Arbeit ist es wesentlich, den gesamten Markt fortlaufend zu beobachten und Entwicklungen zu antizipieren. Dadurch gelingt es uns, auf unterschiedliche Szenarien vorbereitet zu sein.

Mit welchen weiteren Herausforderungen neben der Preisentwicklung haben Sie im Einkauf aktuell zu kämpfen? Kommt es zu Lieferengpässen beziehungsweise Verzögerungen durch gestörte Lieferketten?

Unsere Einkaufsstrategie basiert auf langfristigen Partnerschaften, vor allem mit Walzwerken. Außerdem haben wir engen Kontakt zu Servicezentren in ganz Europa. Wir haben unsere Lieferantenbasis gezielt aufgebaut. Diese Strategie zahlt sich jetzt aus und hilft uns dabei, gestörte Lieferketten mit vergleichsweise geringen Beeinträchtigungen zu bewältigen. Auch hier gilt: Wir müssen auf alle drohenden Szenarien vorbereitet sein, um im Ernstfall immer auf eine Alternative zurückgreifen zu können.

Unsere Einkaufsstrategie basiert auf langfristigen Partnerschaften, vor allem mit Walzwerken. Außerdem haben wir engen Kontakt zu Servicezentren in ganz Europa. Wir haben unsere Lieferantenbasis gezielt aufgebaut.

Ilona Bálványossy, Leiterin der Taskforce Einkauf, Solvaro

Welche Aspekte sind Ihnen bei der Zusammenarbeit mit Lieferanten wichtig? Wie gelingt es Ihnen, langfristige Partnerschaften mit hoher Liefertreue zu realisieren und gleichzeitig ein wettbewerbsfähiges Kostenmanagement zu pflegen?

In der Zusammenarbeit mit Lieferanten steht die Qualität an erster Stelle, schließlich stellen wir an die gesamte Lieferkette die gleichen Qualitätsanforderungen, die wir auch an unsere eigene Arbeit stellen. Das heißt konkret: Im Idealfall ist der Zulieferer gemäß IATF zertifiziert, eine ISO 9001 Zertifizierung ist aber Grundvoraussetzung.

Darüber hinaus sind uns in der Zusammenarbeit vor allem die folgenden Aspekte wichtig:

  • Innovationskraft
  • Eine enge, vertrauensvolle Zusammenarbeit
  • Liefertreue
  • Ein attraktives Preis-Leistungs-Verhältnis
  • Langfristige Sicherheit und Stabilität des Unternehmens

Wir messen und bewerten die hier genannten Aspekte fortlaufend. Gleichzeitig entwickeln wir sie weiter, verfeinern sie, stimmen sie aufeinander ab und lernen voneinander. Das sind die Grundsätze unseres Arbeitens.

Welche Richtlinien und Normen sind im Umgang mit der Lieferkette wichtig? Welche Auswirkungen hat die IATF 16949 auf Ihre Arbeit?

Die QM-Norm DIN ISO 9001 stellt das Fundament unserer Arbeit dar. Darüber hinaus berücksichtigen wir aber auch weitere kundenspezifische Richtlinien und Normen, diese können je nach Produkt und Branche variieren. Auch Nachhaltigkeits-Rankings spielen in den letzten Jahren eine immer größere Rolle. Die IATF als Automotive-spezifisches Update der ISO9001 wird für uns und unsere Partner insgesamt immer wichtiger. Wir befinden uns gerade im Zertifizierungsprozess und achten natürlich auch darauf, diesen Standard in der Lieferkette zu sichern.

Um konstant hohe Qualitätsstandards in der gesamten Lieferkette sicherzustellen, legen wir in diesem Zusammenhang natürlich auch großen Wert auf ein verantwortungsvolles Beschaffungswesen. Dabei stehen fehlerfreie Lieferungen stets an erster Stelle, denn nur so können wir auch gegenüber unseren Kunden höchste Qualitätsstandards garantieren.

Um konstant hohe Qualitätsstandards in der gesamten Lieferkette sicherzustellen, legen wir in diesem Zusammenhang natürlich auch großen Wert auf ein verantwortungsvolles Beschaffungswesen.

Ilona Bálványossy, Leiterin der Taskforce Einkauf, Solvaro

Welche Rolle spielen Nachhaltigkeitsaspekte in der Lieferkette und wie gehen Sie mit den immer höheren gesetzlichen Anforderungen um?

Die Konformität mit gesetzlichen Anforderungen innerhalb und außerhalb des Unternehmens sichern wir durch eine ganze Reihe von Maßnahmen ab. Diese werden auch durch unser Nachhaltigkeitsrating gemäß SAQ bestätigt, in dem nachhaltiges unternehmerisches Handeln auf ökonomischer, sozialer sowie ökologischer Ebene erfasst wird. Ein gutes Beispiel für konkrete Umsetzungsmaßnahmen ist die Verwendung wiederverwendbarer Verpackungen und die Reduzierung des Verpackungsmülls.

Unsere Lieferanten werden in diesem Zusammenhang dazu angehalten, unseren Code of Conduct zu berücksichtigen. Dadurch verpflichten sie sich insbesondere zur Einhaltung von Menschenrechten, aber auch zum Schutz von Umwelt und Klima.

Grundsätzlich ist es uns wichtig, schnell auf Veränderungen in der Lieferkette reagieren zu können. Dieses Ziel erreichen wir, indem wir zu jedem Zeitpunkt einen vollständigen Überblick über unseren Logistikprozess behalten. Dabei steht vor allem eine enge Zusammenarbeit mit kontinuierlichem Informations- und Datenaustausch im Fokus. Unsere Beschaffungs- und Transportprozesse sind komplett digitalisiert und kommen ohne Papier aus. Dadurch vermeiden wir Informationsverluste an Schnittstellen, können logistische Prozesse einfacher koordinieren und haben in Echtzeit Zugriff auf alle Vorgänge.

Welche Aspekte sind Ihnen wichtig, wenn Sie neue Partnerschaften mit Lieferanten eingehen?

Neben den oben genannten Aspekten ist es für uns sehr wichtig, entlang der gesamten Lieferkette einen Mehrwert zu schaffen. Konkret bedeutet dies, dass wir unseren Lieferanten die gleichen Fähigkeiten abverlangen, die auch von uns erwartet werden. Dazu gehören insbesondere die Integration einheitlicher Prozesse in der Lieferkette, ein strategischer Planungsansatz sowie eine effiziente und reaktionsschnelle Logistik. Darüber sind uns bei der Auswahl geeigneter Lieferanten gegenseitiges Vertrauen und ein reibungsloser Informationsfluss wichtig.

Wie reagieren Sie auf geopolitische Entwicklungen, beispielsweise durch Sanktionen gegen bestimmte Länder? Waren Sie in der Vergangenheit von den Auswirkungen solcher Szenarien betroffen?

Im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine haben wir keine unmittelbaren Auswirkungen gespürt, da es keine direkten Käufe aus der Ukraine oder Russland gab. Indirekte Effekte waren aber deutlich spürbar. So brach im Februar 2022 das normale Tagesgeschäft plötzlich zusammen. An der wichtigen Börse London Metal Exchange (LME) wurde der Handel mit Nickel gestoppt, sodass wir tagelang keine Preisangebote von Edelstahllieferanten erhielten. Das war in der Geschichte der LME ein Novum. Die unmittelbare Folge war, dass die Preise für Rohstoffe und Energie plötzlich auf ein Rekordniveau stiegen. Gleichzeitig stieg parallel zum Preisanstieg auch die Nachfrage dramatisch an. In der Folge machte sich die Materialknappheit stark bemerkbar.

In dieser Situation mussten wir schnell und effektiv reagieren, um unsere Lieferfähigkeit zu erhalten. Zu den ersten Handlungen gehörte eine Neuabstimmung von aktuellen Preisen und dem künftigen Bedarf. In diesem Zusammenhang haben wir auch die Lagerbestände aller Materialien neu überdacht. Um lieferfähig zu bleiben, mussten wir sowohl interne als auch externe Lagerkapazitäten erhöhen. Mittlerweile hat sich die erste Marktpanik zum Glück gelegt, wir haben aber weiterhin mit der „Energiezuschlagspraxis“ zu kämpfen.

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Dann lesen Sie unseren Praxisbericht zum Thema Tiefe Partnerschaften für die Sicherheit der Lieferkette.

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Armelle Renard
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+49 7021 8048-121

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