Solvaro strebt Zertifizierung nach IATF 16949 an

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Die Einführung der Automobilnorm aus zwei Perspektiven

Als Spezialist für perforierte Metallbauteile tritt Solvaro gegenüber seinen Kunden als wichtiger Schlüssellieferant auf. Das Unternehmen beliefert OEMs von Bau- und Agrarmaschinen, Bussen und Lastkraftwagen mit hochwertigen Lüftungsgittern und Motorhauben.

Solvaro setzt bei der Entwicklung seiner Metallbauteile auf eine enge Partnerschaft mit den Lieferanten auf der einen und den Kunden auf der anderen Seite. Durch die konsequente Kundenorientierung und den partnerschaftlichen Entwicklungsansatz kennt Solvaro die branchenspezifischen Anforderungen der Fahrzeugtechnik an perforierte Metallbauteile in jedem Detail.

Die Absichtserklärung der Solvaro-Geschäftsführung zur Einführung eines zertifizierten Qualitätsmanagementsystems nach dem Automobilstandard IATF 16949 unterstreicht daher den kunden- und branchenorientierten Ansatz des Unternehmens. Mit der Einführung des QMS-Standards möchte das Unternehmen nicht nur den Forderungen vieler OEMs und Tier-1-Suppliers nach einer IATF 16949 Zertifizierung nachkommen, sondern auch gleichzeitig den kontinuierlichen Verbesserungsprozess des Unternehmens auf den Prüfstand stellen.

Was ist die IATF 16949?

IATF steht für International Automotive Task Force – dabei handelt es sich um einen Zusammenschluss von europäischen und amerikanischen Automobilherstellern und Verbänden. Die IATF 16949 ist als globaler Qualitätsstandard der Automobilindustrie anerkannt und zielt auf die Verbesserung der Qualität von Automobilprodukten ab. Das Qualitätsmanagementsystem nach IATF 16949 ist kein eigenständiger Standard, sondern baut mit seinen Anforderungen auf der Norm ISO 9001 auf.

Frage: Herr Bullinger, Solvaro hat eine Absichtserklärung abgegeben, eine Zertifizierung gemäß IATF 16949 anzustreben. Was hat das Unternehmen dazu bewegt?

Bullinger: Das Unternehmen Solvaro steht für Problemlösung – Solvere kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „Lösen“. Eine lösungsorientierte Arbeitsweise ist also Teil unserer DNA. Und Fehler löst man bekanntlich am einfachsten, indem man ihre Entstehung vermeidet. Dieser Leitgedanke begleitet uns bei der täglichen Arbeit – die kontinuierliche Verbesserung unserer Prozesse haben wir also schon weitgehend verinnerlicht.

Die kundenseitige Forderung nach einer IATF Zertifizierung ist für uns daher eine selbstverständliche Weiterentwicklung. Besonders wichtig ist für uns dabei, dass auch bei jeder Verbesserung ein konkreter Nutzen für den Kunden entsteht und wir nicht nur dem „Handbuch“ genüge tun. Jeder Prozess, jede Verbesserung muss ein Resultat bringen und nicht zum Selbstzweck ausgeführt werden.

Mit der Einführung des IATF-Standards schaffen wir ein gemeinsames Qualitätsverständnis entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Dass wir bereits nach ISO 9001 zertifiziert sind, erleichtert den Prozess der Einführung.

Frage: Herr Dr. Zöller, erläutern Sie bitte diese Aussage. In welchen Aspekten ergänzt die IATF 16949 die Norm ISO 9001?

Dr. Zöller: Die IATF 16949 ist eine branchenspezifische Anforderung der Automobilhersteller an ihre Lieferkette. Die IATF basiert zu 100% auf der ISO 9001:2015 und stellt im Vergleich zur ISO 9001sehr viel härtere Anforderungen an die Organisation. Auch Lockerungen, die die ISO 9001 mit ihrer letzten Veränderung eingeführt hat, z.B. der Verzicht auf das QM-Handbuch, werden von der IATF weiter gefordert. Die IATF soll mittelfristig die ganze Lieferkette bis Tier-n durchdringen.

Unabhängig von dem umfassenderen Anforderungsprofil der IATF 16949 ist die Zertifizierung gemäß IATF die Marktzugangsberechtigung, um im Automotive-Sektor dauerhafter Partner der Automobilindustrie zu bleiben.

ISO 9001 vs IATF 16949

Die IATF 16949 erweitert die branchenneutralen Forderungen der Qualitätsmanagement-Norm ISO 9001 um ergänzende Forderungen für die Automobilindustrie. Die IATF 16949 ist also als Ergänzung der ISO 9001 zu sehen und kann nur in Verbindung mit dieser Norm angewendet werden.

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Frage: Herr Bullinger, was sind aus Ihrer Sicht die konkreten Vorteile einer Zertifizierung gemäß IATF 16949?

Bullinger: Neben dem genannten Präventionsansatz ist es für uns entscheidend, die Norm als interne Kontrollfunktion für Qualitätsstandards und als Leitfaden für die kontinuierliche Verbesserung von Prozessen zu etablieren. Viele kundenseitige Anforderungen werden in der Norm bereits standardmäßig berücksichtigt, dadurch schaffen wir Vertrauen bei Kunden und reduzieren den beidseitigen Aufwand für Kundenaudits. Zudem gelingt es uns, den Onboarding-Prozess mit Neukunden erheblich zu vereinfachen.

Frage: Sie sprechen die Risikoidentifizierung als einen Vorteil der Norm an, können Sie uns das anhand eines konkreten Beispiels erläutern?

Bullinger: Ein gutes Beispiel sind Bauteile, die bei uns auch umgeformt werden, in den meisten Fällen im Tiefziehverfahren. Die Identifizierung möglicher Fehlerquellen schon ganz am Anfang des Projekts ist in diesem Zusammenhang essenziell. Wir arbeiten hier mit kostenintensiven Werkzeugen, die nicht kurzfristig und günstig adaptiert werden können. Dabei denke ich besonders an Tiefziehwerkzeuge: Wird ein Fehler nicht frühzeitig antizipiert und erst nach Fertigstellung des Werkzeugs oder vielleicht sogar erst in der Serienproduktion erkannt, können hier massive Kosten bis in den sechsstelligen Bereich entstehen. Zudem wird der zeitliche Verzug groß – die Herstellung qualitativ hochwertiger Werkzeuge braucht Zeit.

Frage: Herr. Dr. Zöller, wie gehen Sie die Einführung eines QMS nach IATF 16949 bei einem Zulieferer wie Solvaro an, welches sind die ersten Schritte?

Dr. Zöller: Solvaro hat seit Jahren ein gut funktionierendes QM-System. Die Einführung der IATF 16949 beginnt mit einer Gap-Analyse, die die Abweichungen von der Anforderungsnorm herausarbeiten soll. Auf Basis dieser Abweichungen werden Arbeitspakete definiert, die es Zug um Zug abzuarbeiten gilt. Dabei sind die Mitarbeiter der Schlüssel: Ohne das Team können die Anforderungen nicht dauerhaft in die Ablauforganisation integriert werden. Diese muss mit Hilfe von Praxisworkshops durchgeführt werden, bei denen den Mitarbeiter der begründete Änderungsbedarf vermittelt wird und ein Weg gesucht wird, die Anforderungslücken im unternehmerischen Alltag zu schließen.

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Frage: Was sind aus Ihrer Sicht die größten Hürden auf dem Weg zu einer erfolgreichen IATF-Zertifizierung?

Dr. Zöller: Die größte Hürde ist sicherlich die dauerhafte Umsetzung der Anforderung in die Ablauforganisation. Die Organisation sollte hier den Qualitätsmanagementbeauftragten nicht allein lassen. Aufgrund der räumlichen Entfernung der Betriebsstätte, der Sprachbarriere und den pandemiebedingten Reiseeinschränkungen ist es sehr schwer, die Anforderungen mit dem Team schnell umzusetzen. Der QM-Beauftragte kann das nicht allein stemmen und es ist auch nicht seine Aufgabe. Am Qualitätsmanagement sind alle beteiligt und müssen alle anpacken. Wenn das nicht funktioniert, ist das Projekt nicht lebensfähig.

Dazu kommt, dass solche Umstellungsprojekte immer „on top“ auf die tägliche Arbeit aufgesetzt werden. Wird nicht genug Zeit zur Verfügung gestellt, kann sich das Projekt stark in die Länge ziehen. Damit das Qualitätsmanagement weiterfunktioniert ist ein gewisser „Overhead“ erforderlich. Ohne diesen können die Anforderung der IATF in der Organisation nicht am Leben gehalten werden.

Frage: Wie lange dauert der gesamte Zertifizierungsprozess, um die Vorgaben der Norm nachhaltig in das Unternehmen zu integrieren?

Dr. Zöller: Die Projektdauer ist immer davon abhängig, welche Ressourcen durch die Geschäftsleitung für das Projekt zur Verfügung stellt. Die unsichere Situation in der Corona-Pandemie war da sicher nicht hilfreich. Aktuell kann noch kein seriöses Statement abgegeben werden, wann das Projekt zum Abschluss gebracht werden kann.

Weiter gilt, dass ein QM-Projekt nicht mit der Zertifizierung endet. Anforderungen ändern sich ständig, der Stand der Technik schreitet voran, der Markt entwickelt sich weiter und daher muss sich die Organisation ständig weiterentwickeln, sich ständig verbessern. Das Qualitätsmanagement stellt dafür die Werkzeuge zur Verfügung vorne mitzuspielen.

Sie möchten mehr wissen?

Dann lesen Sie unseren Praxisbericht Qualitätsstandards in der Lieferkette aufbauen.

IHR KONTAKT

Hermann Schneider
Leiter Qualitätsmanagement
+49 7021 8048-122

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